Muss ein Fuss stets schon über dem Abgrund stehen, bevor wir handeln? Analysiere ich den Zeitraum hinter mir, lang- oder kurzfristig, dann stelle ich fest, dass wir immer dann bereit waren ausserordentliche Entscheidungen zu treffen, wenn bereits Not sich anbahnte. Wir sind anscheinend, um das global auszudrücken, nicht bereit, Lösungsvorschläge oder Kompromisse frühzeitig aufzubauen, oder anzunehmen, wenn es noch nicht Ultima Ratio ist oder auch war.
Auch stelle ich zunehmend fest, dass wir nicht willens sind, auf Hilfen, Drittangebote und andersdenkende Vorschläge, seien diese privat, politisch, oder eben auch wirtschaftlich einzugehen.
Wir wägen ab und zögern, obschon der Schuh schon längst drückt. Wir starten Sitzungen, beziehen zusätzliche Partner ein, bilden Plenums und zur Absicherung starten wir noch Umfragen. Alles konform der neuen Management-Methoden. Nur keine Fehler machen – Blössen zeigen – oder Attacken auf unsere Stellung zulassen. Die eigene Balance möglichst bewahren.
Da frage ich mich – wo bleibt da der Inhalt aus dem berühmten Zitat von Einstein:
„Wer noch nie einen Fehler gemacht hat, hat sich noch nie an etwas Neuem versucht.“
Politisch neutral bleiben und Neutralität üben, obschon diese längst Ecken und Kanten verloren hat. Kulturelle Prägung?
Immer nach dem politischen Motto: Authentisch bleiben und Linie zeigen, welche immer, auch wenn die Zeit für Innovationen, Handeln und Entscheidungen sich aufdrängt und ein „Zurück“ längst verpasst ist. Insbesondere wenn es um unsere Umwelt geht – hier stehen unsere Gedanken auf Sturm – aber das Handeln rückt in den Hintergrund, wenn es um die eigene Einschränkung geht. Unser Verhalten gleicht dem Stimmungsverhalten des Chamäleons. Wir wechseln unsere politische Farbe, hauptsächlich dann, wenn unsere persönlichen und auch globalen Wohlstandswerte ungesehen der Nachhaltigkeit attackiert werden.
Fazit! Ohne Wachstum geht es demnach nicht, denn zur Sicherung dieser Verhaltensweisen erfordert das System Opfer. Eines der Opfer ist sicher die Nachhaltigkeit. Und zur Nachhaltigkeit gehört primär das Thema um die Sicherstellung der Biodiversität und die globale Umwelt mit all seinen Faktoren zum Erhalt des Lebens. Dass wir ein qualitatives nachhaltiges Wachstum brauchen ist klar, muss es aber die aktuell gepflegte zwanghafte Wachstumsstrategie um jeden Preis sein?
Ich beziehe mich auf die Aussage von Edward Abbey (Vox Clamantis in Deserto)
„Wachstum um des Wachstums willen, ist die Ideologie der Krebszelle“.
Mitunter auch festgehalten von Mathias Binswanger in seinem Buch „Der Wachstumszwang„.
Das aktuelle schweizerische Verhalten (Politik einbezogen) kann sicher nicht als Umwelt-Leadership bezeichnet werden und gibt mir sehr zu Bedenken. Wo bleibt hier unsere Reflexion? Im Zugzwang der Wachstumsstrategie verlassen wir die Verantwortung zur echten Nachhaltigkeit und kommentieren diese Haltung mit der Rechtfertigung, dass wir sehr viel technische Innovation in Verantwortung zur Umwelt aufbauen. Dass das nur ein Beitrag zur Energie- und Ressourceneinsparung beiträgt, wird dabei nicht erwähnt – weil…..
Keiner wagt sich an das Thema: „Less is more“, weil das würde bedeuten – Einbruch oder Stagnation des Wachstums und das wollen wir weder privat- noch wirtschaftlich.
Eine provokante Entwicklungsrichtung könnte die „postwachstumsoekonomie“ von Niko Paech sein, die viel mehr Nachhaltigkeit bedeuten kann, jedoch die Bereitschaft aller Beteiligten fordert.
Zurzeit noch eine Utopie – jedoch mit Potenzial zum Erhalt für unsere Erde.
Nachhaltiges Verhalten fängt grundsätzlich bei jedem selbst an – und das fordert eben gewisse Einschränkungen.
In diesem Sinne auf eine Verhaltensentwicklung mit nachhaltigem Wachstum.